Text 8:
Cicero, De officiis 1,21,71-73

 

Cic. off. 1,

 

Cic. off. 1,21,71b


Cic. off. 1,21,71c

Cic. off. 1,21,71d


Cic. off. 1,21,72a
Cic. off. 1,21,72b
Cic. off. 1,21,73a



Cic. off. 1,21,73b

Vielleicht muss man Nachsicht üben gegen Menschen, welche nicht die politische Laufbahn einschlagen, die sich vielmehr in ihrer hervorragenden Begabung der Wissenschaft zuwenden, und ebenso gegen Menschen, die sich wegen ihrer schwachen Gesundheit oder aus einem anderen schwer wiegenden Grund von der Politik zurückziehen, dagegen Macht wie Ruhm, das Resultat politischer Tätigkeit, anderen überlassen.

Wer aber keinen solchen Grund dafür hat, wenn er sagt, er schätze gering, was die meisten bewundern, nämlich militärische Kommandos und zivile Ämter, dem darf man meiner Meinung nach eine solche Einstellung nicht als etwas Anerkennenswertes , sondern nur als Verantwortungslosigkeit auslegen.

Ein solches Urteil kann schwerlich in dem Punkte Missbilligung finden, dass man den Ruhm angeblich gering schätzt und für keinen Wert ansieht, doch offensichtlich fürchtet man nur beschwerliche Mühen, vor allem aber bei Anstoß und Rückschlägen die vermeintlich schmachvolle Schande. Es gibt ja Leute, die unter widrigen Umständen zu wenig konsequent bleiben, die das Vergnügen zwar mit höchster Strenge verachten, doch im Schmerz zu große Empfindlichkeit zeigen, die zwar den Ruhm gering achten, doch bei übler Nachrede ihren Halt verlieren.

Wer aber von Natur aus die Voraussetzungen zu politischem Handeln hat, der muss alle Bedenken zurückstellen und Verantwortung in der Politik übernehmen. Denn nur so ist die Verwaltung einer staatlichen Gemeinschaft möglich, nur so kann man große Gesinnung zeigen. Angehende Politiker aber dürfen nicht weniger als Philosophen, ja sie müssen vielleicht sogar noch mehr als diese Großmut und Unbekümmertheit den menschlichen Unzulänglichkeiten gegenüber unter Beweis stellen, dazu noch innere Ruhe und Sicherheit, wenn sie ohne Angst bleiben und in konsequenter sittlicher Verantwortung leben wollen.

Eine solche Haltung freilich ist für Philosophen leichter; denn in ihrem Leben sind ja weniger Bereiche der Öffentlichkeit so ausgesetzt, dass sie ein Schicksalsschlag treffen könnte; zudem haben sie geringere Bedürfnisse - und im Fall eines Missgeschicks können sie keinen so schweren Sturz erleiden.